Fliegen mit Kleinkind: Eigener Sitzplatz notwendig?
Beim Thema Fliegen mit Kleinkind stellt sich neben Reiseziel, Budget und Zeitpunkt noch eine ganz andere wichtige Frage: Wie soll das Kleinkind im Flugzeug transportiert werden? In diesem Artikel versuchen wir Licht ins Dunkle zu bringen.
Welche Personengruppen gibt es überhaupt, wenn ihr ein Flugticket buchen wollt? Bei Flugtickets gibt es in der Regel drei Passagiergruppen, für die unterschiedliche Preise gelten:
→ Gruppe 1: Kleinkind unter 2 Jahren. Gilt zum Zeitpunkt der Rückreise.
→ Gruppe 2: Kind zwischen 2 und 11 Jahren bei Rückkehr
→ Gruppe 3: Person ab 12 Jahre
Da Preise bei Pauschalreisen gelegentlich von diesem System abweichen, geht es hier ausschließlich um reine Flugticketbuchungen. Preislich gestalten sich die Tarife für die drei genannten Passagiergruppen wie folgt:
→ Gruppe 1: Kleinkinder zahlen ca. 10% vom Ticketpreis + einen unterschiedlich hohen Anteil an Steuern und Gebühren, haben keinen eigenen Sitzplatz und eine reduzierte Gepäckerlaubnis. Für den Transport von Buggys/Kinderwagen und Autositzen gibt es meist großzügige Regelungen
→ Gruppe 2: Kinder zahlen ca. 75% vom Ticketpreis + einen unterschiedliche hohen Anteil an Steuern und Gebühren (meist voll) und ein eigener Sitzplatz mit allen Ansprüchen an Gepäcktransport, die auch ein Vollzahler hat.
→ Gruppe 3: Ältere Personen zahlen den vollen Ticketpreis.
Gelegentlich kommt es vor, dass Kleinkinder gar nichts zahlen müssen, Kinder aber Vollzahler sind. Das ist z.B. häufig bei Inlandsflügen in den USA der Fall. Das gilt aber nur für einen verhältnismäßig kleinen Anteil internationaler Flugtickets.
Der Normalfall: Kinder unter 2 Jahren OHNE eigenem Sitzplatz
Wenn ihr für euer Kind unter 2 Jahren also keinen eigenen Platz für euren Flug buchen wollt, zahlt ihr den niedrigsten möglichen Ticketpreis. Derzeit ist das noch der Normalfall. Das Kleinkind reist dann auf dem Schoß der Eltern. „Gesichert“ wird es dabei nur mit einem Loop Belt. Das ist eine Gurtverlängerung, die am Anschnallgurt der Eltern angebracht ist.
Bei Turbulenzen oder auch Notlandungen, bei denen die Passagiere einen starken Ruck nach vorn erhalten, besteht allerdings die Gefahr, dass das Kleinkind durch den sogenannten Klappmesser-Effekt von den eigenen Eltern erdrückt wird.
In den USA ist er deshalb auch verboten. Statt aber ein vernünftiges Sicherungssystem anzubieten, gibt es dann nur die Alternative, das Kind selbst festzuhalten.
Bassinets
Außerhalb von Start und Landung ist es bei einem Flug mit Kleinkind auf längeren Flügen in entsprechend größeren Maschinen möglich, für Kleinkinder bis zu einer gewissen Größe und Gewicht (das hängt von der Airline ab), ein sogenanntes „Babykörbchen“ (Bassinet) zu reservieren. Dies wird an der Trennwand zwischen Economy und Business Class eingehängt. Außerhalb von Start und Landung kann man sein Baby dort hineinlegen. Man trägt es dann nicht auf dem Schoß und es kann wahrscheinlich deutlich besser schlafen (und die Eltern auch).
Sicher ist es dort allerdings ebenso wenig. Denn es wird nicht angeschnallt und muss bei Turbulenzen ohnehin herausgenommen werden. Außerdem: Es gibt nie eine Garantie darauf, dass man ein Bassinet erhält. Man kann es zwar anfragen, die letzte Entscheidung über die Verteilung hat aber das Flugpersonal vor Ort.
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Die Vorteile dieser Buchungsvariante liegen auf der Hand: Der Ticketpreis ist erheblich günstiger, man kann die Flüge ohne Komplikationen über Buchungsmasken buchen und man muss sich nicht um geeignete Sicherungssysteme kümmern.
Der Nachteil ist überdeutlich: Die Sicherheit wird bei dieser Methode der Unterbringung extrem klein geschrieben. Sicherheit, die wir bei anderen Transportmitteln – wie dem eigenen PKW – extrem großschreiben. Es gibt kaum belastbare Statistiken über tatsächliche Zwischenfälle mit ungesicherten Kleinkindern an Bord von Flugzeugen. Das heißt aber nicht, dass es sie nicht gäbe. Details dazu findet man z.B. beim TÜV.
Heute noch die Ausnahme: Kleinkind mit eigenem Sitzplatz
Beim Fliegen mit Kleinkind gibt es alternativ nur die Möglichkeit, für den Nachwuchs einen eigenen Platz zu buchen. In diesem Fall ist dann der Kinderpreis zahlbar.
Die Vorteile sind klar: Ein Kleinkind, das in einem Autokindersitz gesichert wird, reist im Flugzeug mindestens so sicher wie ein Erwachsener. Positiv auch: Eltern müssen ihre Kinder nicht permanent auf dem Schoß halten. Kinder die daran gewohnt sind, im Autositz auf längeren Autofahrten auch zu schlafen, haben meistens im Flugzeug kein Problem schnell und problemlos einzuschlafen. Verantwortlich dafür sind meistens die monotonen Hintergrundgeräusche und der vertraute Sitz.
Nachteil: Der Preis! Das kann bei Langstreckenflügen oder sogar einer Weltreise einen Unterschied von weit über 1.000,00 € ausmachen. In manchen Zielländern ist dies das Budget für zwei Wochen Reisen. Buchungen sind zudem meist nur über Reisebüros oder manchmal direkt bei der Airline möglich. Denn in Buchungsmasken ist es nicht vorgesehen, dass Kleinkinder einen eigenen Sitzplatz auf einem Flug haben.
Der komplizierteste Part
Ein eigener Sitzplatz macht nur mit einem geeigneten Kinderrückhaltesystem überhaupt Sinn. Und das ist ein altersgerechter Kindersitz, der das Prüfsiegel des TÜVs Rheinland „For Use in Aircraft“ haben muss. Als Minimalvoraussetzung! Denn darüber hinaus kocht noch jede Airline ihr eigenes Süppchen. Sie lässt manche Sitze zu, andere nicht.
Aber selbst, wenn man dann einen zugelassenen Sitz sein Eigen nennt, muss man ihn noch anmelden und bestätigen lassen. Dann muss er noch auf den Flugzeugsitz im jeweiligen Flugzeugtyp passen. Und am Ende, wenn man endlich mit Sitz und Kind an Bord ist, kommt ein unwissender Flugbegleiter und besteht trotz allem darauf, dass das Kind bei Start- und Landung auf dem Schoß gehalten wird. „Aus Sicherheitsgründen.“ Oder warum auch immer. Da hilft manchmal auch das Wedeln mit der schriftlichen Erlaubnis nicht. Denn wer den Anweisungen des Flugpersonals keine Folge leistet, fliegt. Und zwar raus aus dem Flieger.
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Fazit: Sicherheit vs. Mehrkosten und -aufwand
Auch wenn es kompliziert ist und eigentlich sowieso eine Frechheit, dass Airlines nicht selbst geeignete Sicherungssysteme für ihre kleinsten (und damit auch zukünftigen) Kunden anbieten: Alle reisenden Eltern müssen vor der Ticketbuchung genau überlegen, welche Variante für sie vertretbar und bezahlbar ist. Und im Zweifel nicht an Ticketkosten und Zeitaufwand sparen.
Auch mein erstes Baby ist bei seiner ersten Fernreise noch auf dem Schoß und im Bassinet gereist. Nach der Abwägung aller Vor- und Nachteile würde ich jedoch heute eine andere, informiertere Entscheidung treffen. Und das wäre die Buchung eines eigenen Sitzplatzes für unsere kleinsten Reisenden.
Wir wünschen uns für alle zukünftigen reisenden Eltern, dass Airlines und Behörden bei diesem Thema nachbessern. Dass sie klare Regeln für den sicheren Transport von Kleinkindern an Bord von Flugzeugen aufstellen.
Weiteres zum Thema Fliegen mit Kleinkind:
Bloggerkollegin Jenny Menzel von den weltwunderern hat sich kürzlich in einem Blogartikel Luft gemacht und 10 Mythen rund um das Thema „Sitzplatz fürs Kleinkind oder nicht“ auf den Prüfstand genommen. Er bietet eine gute Ergänzung zu unseren Überlegungen. Auch ein Artikel der Kindersitzprofis beleuchtet noch einmal alle Facetten des Themas Kindersicherheit an Bord.
Jan Brown erlebte als Stewardess einen Absturz, den alle Passagiere überlebten. Bis auf ein Kleinkind, das auf diesem Flug keinen eigenen Sitzplatz hatte und somit nicht ausreichend gesichert werden konnte. Seitdem kämpft sie in den USA für mehr Sicherheit an Bord für Babys und Kleinkinder.