Umweltfreundliche Weltreisen – Wie bitte?
Weltreisen über mehrere Monate zu vielen verschiedenen Orten sind unsere Spezialität. Trotzdem muss man dabei das Klima nicht unnötig belasten, auch nicht mit Flügen. Ein Erklärungsversuch.
Ein Kommentar von REISS AUS-Gründer Henning Manninga
Reiseagentur für nachhaltige Individualreisen
Gegründet wurde REISS AUS in 2006 als Reiseagentur für individuelle, vollständig organisierte und nachhaltige Reisen. Bei jeder Buchung wurde ein gemeinnütziges Projekt im Zielland unterstützt und oft hatten unsere Kunden die Möglichkeit, die Projekte vor Ort auch zu besuchen.
Leider schafften wir es damals nicht, die Idee wirtschaftlich durchzusetzen. Die Sensibilität für nachhaltiges Reisen war vor 13 Jahren noch weit hinter dem heutigen Interesse – in der Zeit von „Fridays for Future“ und prognostizierten 23% für Die Grünen, wenn heute Bundestagswahl wäre.
So sorgte die fehlende Nachfrage und ein verstärktes Interesse an „Around the World Tickets“ und anderen speziellen Flugtickets für Weltreisen dafür, dass unser Fokus stärker in diese Richtung wanderte.
Ein interessanter Austausch
Vor kurzem hatte ich eine interessante E-Mail-Konversation mit einer bekannten deutschen Reisebloggerin. Sie hatte sich vor einiger Zeit dem nachhaltigen Reisen verschrieben und propagierte auf ihrem Blog, zukünftige Reisen nur noch ohne die Benutzung eines Flugzeugs anzutreten. Interessanterweise bestand ihr Blog aber aus einer Vielzahl von Artikeln über Flugreisen zu fernen Zielen, über die weiterhin Leser auf ihre Seite gelangen. Und daraus zieht sie natürlich auch einen wirtschaftlichen Nutzen. Inkonsequent?
Als ich ernsthaft interessiert wissen wollte, wie ihre Leser denn nun zu den von ihr beschriebenen Traumzielen kommen sollten, kam leider nicht viel zurück. Außer kurzsilbige E-Mails von jemandem, der sich persönlich angegriffen fühlte. Jemand, der selbst bis vor kurzem noch die ganze Welt beflogen hat und davon nun profitiert, legt anderen nahe, dies bitte nicht selbst zu tun. Eine komfortable Position, als weit Gereiste.
Radikale Änderungen eines vielleicht „umweltschädlichen Lebensstils“ sind sicherlich lobenswert. Am Ende muss man aber erkennen, dass Vorschläge wie „Keiner soll mehr Fliegen“ heutzutage einfach unrealistisch sind und somit auch nichts nachhaltig verändern werden. Daher muss man in diesem Bereich einen anderen Weg gehen und der heißt:
Fliegen ja – aber nur wenn es sein muss
Je stärker der Klimawandel in das Bewusstsein der Menschen vordringt und je präsenter das Thema in den Medien diskutiert wird, desto mehr kommt das Fliegen unter Beschuss. Und das zum Teil zu Recht. Zwar produziert die Schifffahrt zehnmal mehr Stickoxide als der Flugverkehr und sogar 100 Mal mehr Schwefeldioxid, in Sachen CO2 ist die Bilanz allerdings ausgeglichen.
Und daher zielt meine Frage von oben („Wie sollen denn deine Leser jetzt zu diesen tollen Zielen kommen?“) auch das Grundprinzip, das wir bei der Erstellung unserer Tickets verfolgen: Fliegen ja – aber nur wenn es sein muss! Denn für eine/n „Normal-Reisende/n“, selbst wenn er/sie einige Monate zur Verfügung hat, ist es aus diversen Gründen kaum machbar, eine Weltreise ohne Flugzeug zurückzulegen. Allerdings gibt es viele Optionen, den Umwelteinfluss einer solchen Reise extrem zu begrenzen:
- Nur weite Strecken fliegen: Langstreckenflüge lassen sich in der Regel schwer durch ein alternatives Verkehrsmittel ersetzen, Mittel- und Kurzstrecken aber durchaus. Daher raten wir allen unseren Kunden dazu, möglichst viele Wege auf dem Landweg einzuplanen.
- Keine Stopps in Europa: Keines unserer Tickets beinhaltet einen Stopp in Europa (außer Island und nicht vermeidbare Umsteigestopps). Diese Ziele lassen sich auch umweltfreundlicher mit anderen Verkehrsmitteln erreichen.
- Keine Inlandsflüge: Ebenso enthalten unsere Tickets keine Inlandsflüge, außer zu Inseln.
- Direktflüge und Flugzeugtypen: Durch die Wahl der Verbindung zwischen zwei Zielen (der Airline) und damit auch des Flugzeugtypen lassen sich teilweise über 50% der entstehenden Emissionen vermeiden. Denn natürlich entstehen bei einem Direktflug weniger Treibhausgase. Und auch die Flugzeugtypen entscheiden, wie hoch der CO2-Fußabdruck am Ende wirklich ist. Aber das ist auch eine Preisfrage.
- CO2-Ausgleich: Jeder unserer Kunden wird auf die erzeugten CO2-Emissionen seines Tickets bei Buchung hingewiesen und es wird eine einfache Möglichkeit angeboten, die Emissionen durch eine Kompensationszahlung an MyClimate direkt wieder auszugleichen.
Geschärftes Bewusstsein durch eine Weltreise
Selbst wenn man all diese Punkte berücksichtigt, ist „nicht fliegen“ natürlich immer noch am umweltfreundlichsten. Aber eine Tatsache wird oft komplett aus den Augen verloren: Viele unserer Kunden und auch andere Weltreisende kommen nach einer solchen intensiven Lebenserfahrung mit einem viel ausgereifteren Umweltbewusstsein zurück in die Heimat. Oft stark sensibilisiert für die großen Probleme der Menschheit, die neben Umweltverschmutzung auch Themen wie z.B. Armut und Menschenrechte einschließen.
Und diese unterschiedlich stark ausgeprägte Sensibilisierung trägt in vielen Fällen dazu bei, dass diese vermeintlichen Umweltsünder ein Leben lang rücksichtsvoller mit Umwelt & Mitmenschen umgehen, als wenn sie nie in ein Flugzeug gestiegen wären.
Was bleibt
Für die Zukunft hoffen wir, dass sich auch bei den Airlines, auf die wir als Reiseagentur angewiesen sind, eine Menge tun wird in Sachen umweltfreundlicherer Antriebstechnik, und dass auch Reisende bereit sind, für weniger Klimabelastung tiefer in die Tasche zu greifen. Denn am Ende hat alles seinen Preis. Zumindest am Anfang großer technologischer Veränderungen.
Wir werden auf jeden Fall weiterhin dazu beitragen, dass unsere Ausreisser so umweltfreundlich wie möglich intensive Reise- und Lebenserfahrungen sammeln können, egal wo auf unserem schönen Planeten!
*Umfrage Infratest dimap vom 19.09.19